• Startseite
  • Impressum

Gedanken eines besorgten Großvaters

Öffentliches Tagebuch eines interessierten Stadtbewohners (Jg.1942, Foto 1993 mit ORF-Redakteur Wolfgang Slapansky, gest.2017)

Feeds:
Beiträge
Kommentare
« Nr.101: „Wiener Bildungsgrätzl“ im Triesterviertel?
Nr.103: Erinnerungen an Wolfgang Slapansky »

Nr.102: Die Bauten des „Roten Wien“

29. August 2017 von Fritz Endl

wurden vorwiegend durch Geld finanziert, „wo es sich wirklich befindet“ (Finanzstadtrat Hugo Breitner, 1920-1932)

Durch Zufall ist mir vor einiger Zeit das Buch des Wiener Architekturhistorikers Helmut Weihsmann  „DAS ROTE WIEN Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919 -1934“  (2002, Promedia) in der Städtischen Bücherei „in die Hände gefallen“. Schon nach kurzem Hineinlesen und den durchwegs positiven Rezensionen war klar: Das muss ich mir kaufen!

Im Sommer konnte ich einen Großteil des umfangreichen Werks (500 klein bedruckte Seiten mit vielen Illustrationen) des 1950 in Wien geborenen Wissenschaftspublizisten lesen.

………..Rotwien 600

Aus dem Klappentext: „Helmut Weihsmann beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Architekturgeschichte des „Roten Wien“. 1985 ist von ihm im Promedia Verlag ein längst vergriffener Band zum Thema herausgekommen, der die Grundlage für das vorliegende Werk bildet….Weihsmann gliedert die Bautätigkeit nach ihrer historischen Entstehungsform von den Bretteldörfern und Gartenstädten bis zu den festungsähnlichen Wohnanlagen und erklärt die damit jeweils verbundenen politischen Absichten.

Der ausführlichste Teil des Buches ist den nach Bezirken gegliederten Rundgängen gewidmet. Darin werden an die 500 Bauten beschrieben und mit Fotos, Karten und oft auch Grundrissen versehen.“

Für unser „Orte erzählen“-Tafelprojekt sind natürlich besonders jene Bauten des „Roten Wiens“ von Interesse, die sich im Triesterviertel befinden.

Leider konnte noch keine Informationstafel auf einer Wohnhausanlage der Gemeinde Wien angebracht werden.  (Eine entsprechende Anfrage wurde abgelehnt.)

Solche Tafeln, die dazu gehörende Webseite und die daraus (hoffentlich)  entstehenden Gespräche wären doch eine gute Chance, dass sich wieder mehr BewohnerInnen des „Triesterviertels“ mit den relativ wenigen Jahren des „Roten Wien“  befassen. Damals wurde nämlich die Basis für jene Wohn(preis)situation gelegt, um die uns viele vergleichbare Großstädte bis heute beneiden.

Dazu H.Weihsmann: „Abgesehen von formalen Schwächen bei der Übernahme bzw. Fortsetzung fragwürdiger Typologien und Analogien aus dem Fundus der Architekturgeschichte gehörten gerade die radikale Wohnpolitik und das großartige Wohnbauprogramm jedoch zum Kernpunkt der Austromarxisten und ihrer Gesellschaftsutopie. Für den Politologen Anton Pelinka etwa war das vorbildliche Wohnungsprogramm „von allen Bereichen jenes, das am stärksten den Ruf des „roten Wien“ begründete.“ (S.96)

Vor allem BewohnerInnen z.B. des „George-Washington-Hofs“, des „Viktor-Adler-Hofs“ oder des „Quarinhofs“ könnten deshalb vielleicht wieder stolz werden auf „ihren Bau“ und es entwickeln sich neue gemeinschaftsbildende Aktivitäten.

Drei „Kostproben“ aus „Das Rote Wien“: (Hervorhebungen FE)

„Der Leitsatz von Finanzstadtrat Hugo Breitner lautete: „Unbeirrt von all dem Geschrei der steuerscheuen besitzenden Klasse holen wir uns das zur Erfüllung der vielfältigen Gemeindeaufgaben nötige Geld dort, wo es sich wirklich befindet!“ (Das kommt uns doch bekannt vor. Ch.Kern: „Holt euch, was euch zusteht!“ ) „Diese neue Klassen- und Quellensteuerstrategie Breitners wurde von den Arbeitern bejubelt und von den Reichen heftigst diffamiert; aber diese unübertroffene Art der Geldbeschaffung schuf die Grundlagen für das (anfangs noch utopisch anmutende) Sozialprogramm im Roten Wien.“ (S.28)

(Aus Wikipedia: „Mit der im November 1920 begonnenen Trennung Wiens von Niederösterreich bekam die Gemeinde Wien, wie sich die Stadt bis 1934 stets nannte, die Finanzhoheit.“)

„Rundgang Favoriten:“

„….Im rasch wachsenden, infrastrukturell jedoch stark vernachlässigten Bezirk lebten in den reihenweise aus dem Boden gestampften, überbelegten Mietskasernen meist junge, kinderreiche Arbeiterfamilien, die noch dazu „Bettgeher“ aufnahmen. Damit stieg das soziale Elend sehr schnell an….Nichtsdestotrotz hat das Rote Wien gerade in diesem traditionellen Arbeiterbezirk bauliche Spuren hinterlassen. Nicht zufällig wurde bereits 1902 das erste Arbeiterheim von Hubert Geßner in der Laxenburger Straße 8-10 erbaut.  Auf dem Reumannplatz errichtete die Gemeinde das Amalienbad (1926), damals das modernste Hallenbad der Welt…Von den großen Höfen wie dem „Viktor-Adler-Hof“, „Zürcher-Hof“, „Quarin-Hof“  oder „Jean-Jaures-Hof“  bis zu den Lückenverbauungen im Rasterblock von der Quellenstraße zur Triester Straße am Wienerberg sind hier die verschiedensten Typen anzutreffen. Neben dem dicht besiedelten Zentrum an der Favoritnerstraße hatte der Bezirk große Reserven an brachliegenden Baugründen, die zunächst von der Gemeinde Wien angekauft bzw. enteignet und neu verbaut wurden. So entstand die größte und zugleich städtebaulich anspruchsvollste Anlage im Bezirk bei der „Spinnerin am Kreuz“: der heutige „George-Washington_Hof “ als ausgedehnter, gartenstadtmäßig bebauter Komplex mit 1.085 Wohnungen und diversen Sozialeinrichtungen.“ (S.245)

„Am Wienerberg“

Auf dem Höhenrücken des Wienerberges, zwischen der Triester Straße und der Laxenburger Straße, entstand in Fortsetzung der gründerzeitlichen Rasterblocks des alten Arbeiterviertels eine Reihe von Wohnhausanlagen der ersten Phase des „roten“ Gemeindewohnbauprogramm. Begrenzt wird dieses neue Wohnviertel von der Neilreichgasse, der Laxenburger Straße, der Raxstraße und der Troststraße. ……Das kasernenartige, aber „lieblich-romantische“ Äußere der Bauwerke ist durch die starke Überbetonung der abgewalmten Steildächer und ihre pittoreske Baumassengliederung im Duktus der konservativen Heimatschutzbewegung ihrer Vorbilder gekennzeichnet (vgl. die um 1913/14 erbauten Personalhäuser X., Zur Spinnerin 23-31; Braunspergengasse 8-10; Inzersdorfer Straße 115-117). Durch ihre sehr reiche architektonische Fassadengestaltung unterscheidet sie sich oft kaum von den Zinskasernen aus der Zeit der Jahrhundertwende. Sie wirken aber generell selbstbewusster und monumentaler und sind bezüglich der sanitären Einrichtungen bzw. des hygienischen Wohnstandards wesentlich fortschrittlicher als die alten „Bassenawohnungen“. Allein die konsequente Vermeidung von langen Flurgängen entspricht nicht mehr der Konzeption eines traditionellen Mietshauses. Das Formenvokabular setzt diese Tradition des Kommunalhauses aber unkritisch fort.“ (S.252)

………………Inzersdorferstr.115-117.JPG

……Links ist das Haus Inzersdorferstr.113 (erbaut von Harry Glück) zu sehen

Für das oben genannte und hier abgebildtete Haus Inzersdorferstr.115-117/Braunspergeng.8-10 wird derzeit die 11. „Orte erzählen“-Tafel geplant.


Zum Thema passende WordPress-Beiträge:

https://fritzendl.wordpress.com/2016/12/31/bezirksvorstehung-finanziert-2-500-orte-erzaehlen-broschueren/

https://fritzendl.wordpress.com/2015/06/30/unser-triesterviertel-im-internationalen-vergleich/

https://fritzendl.wordpress.com/2013/09/29/die-entwicklung-des-triesterviertels/

Zum Inhaltsverzeichnis aller bisher veröffentlichten Beiträge

Teilen Sie dies mit:

  • Teilen
  • Facebook

Gefällt mir:

Gefällt mir Wird geladen...

Veröffentlicht in Allgemeines | Verschlagwortet mit Architektur, Gemeindebauten, Kommunalpolitik, Rotes Wien, Sozialdemokratie, Wohnbauten |

  • Archiv

    • Februar 2021 (1)
    • Januar 2021 (1)
    • Dezember 2020 (1)
    • November 2020 (1)
    • Oktober 2020 (1)
    • September 2020 (1)
    • August 2020 (1)
    • Juli 2020 (1)
    • Juni 2020 (1)
    • Mai 2020 (1)
    • April 2020 (2)
    • März 2020 (1)
    • Februar 2020 (1)
    • Januar 2020 (1)
    • Dezember 2019 (1)
    • November 2019 (1)
    • Oktober 2019 (1)
    • September 2019 (1)
    • August 2019 (1)
    • Juli 2019 (1)
    • Juni 2019 (1)
    • Mai 2019 (1)
    • April 2019 (1)
    • März 2019 (1)
    • Februar 2019 (1)
    • Januar 2019 (1)
    • Dezember 2018 (1)
    • November 2018 (1)
    • Oktober 2018 (1)
    • September 2018 (1)
    • August 2018 (1)
    • Juli 2018 (1)
    • Juni 2018 (1)
    • Mai 2018 (1)
    • April 2018 (1)
    • März 2018 (1)
    • Februar 2018 (1)
    • Januar 2018 (1)
    • Dezember 2017 (1)
    • November 2017 (1)
    • Oktober 2017 (1)
    • September 2017 (1)
    • August 2017 (1)
    • Juli 2017 (1)
    • Juni 2017 (1)
    • Mai 2017 (1)
    • April 2017 (1)
    • März 2017 (1)
    • Februar 2017 (1)
    • Januar 2017 (1)
    • Dezember 2016 (1)
    • November 2016 (1)
    • Oktober 2016 (1)
    • September 2016 (1)
    • August 2016 (1)
    • Juli 2016 (1)
    • Juni 2016 (1)
    • Mai 2016 (1)
    • April 2016 (1)
    • März 2016 (1)
    • Februar 2016 (1)
    • Januar 2016 (1)
    • Dezember 2015 (1)
    • November 2015 (2)
    • September 2015 (1)
    • August 2015 (1)
    • Juli 2015 (1)
    • Juni 2015 (1)
    • Mai 2015 (1)
    • April 2015 (1)
    • März 2015 (1)
    • Februar 2015 (1)
    • Januar 2015 (2)
    • Dezember 2014 (1)
    • November 2014 (1)
    • Oktober 2014 (1)
    • September 2014 (1)
    • August 2014 (1)
    • Juli 2014 (1)
    • Juni 2014 (1)
    • Mai 2014 (1)
    • April 2014 (1)
    • Februar 2014 (1)
    • Januar 2014 (1)
    • Dezember 2013 (1)
    • November 2013 (1)
    • Oktober 2013 (1)
    • September 2013 (1)
    • August 2013 (1)
    • Juli 2013 (1)
    • Juni 2013 (1)
    • Mai 2013 (1)
    • April 2013 (1)
    • März 2013 (1)
    • Februar 2013 (1)
    • Januar 2013 (1)
    • Dezember 2012 (1)
    • November 2012 (1)
    • Oktober 2012 (1)
    • August 2012 (1)
    • Juli 2012 (2)
    • Juni 2012 (1)
    • Mai 2012 (1)
    • April 2012 (1)
    • März 2012 (1)
    • Februar 2012 (1)
    • Januar 2012 (1)
    • Dezember 2011 (1)
    • November 2011 (1)
    • Oktober 2011 (1)
    • September 2011 (1)
    • August 2011 (1)
    • Juli 2011 (1)
    • Juni 2011 (1)
    • Mai 2011 (1)
    • April 2011 (1)
    • März 2011 (1)
    • Februar 2011 (1)
    • Januar 2011 (1)
    • Dezember 2010 (1)
    • November 2010 (1)
    • Oktober 2010 (1)
    • September 2010 (1)
    • August 2010 (1)
    • Juli 2010 (1)
    • Juni 2010 (1)
    • Mai 2010 (1)
    • April 2010 (1)
    • März 2010 (1)
    • Februar 2010 (2)
    • Januar 2010 (1)
    • Dezember 2009 (1)
    • November 2009 (4)
    • August 2009 (1)
    • Juli 2009 (4)
    • Juni 2009 (1)
  • Kategorien

    • Allgemeines (48)
    • Politische Gruppierungen (18)
    • Projekte (48)
  • Seiten

    • Impressum

Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.

WPThemes.


Abbrechen

 
Lade Kommentare …
Kommentar
    ×
    Datenschutz & Cookies: Diese Website verwendet Cookies. Wenn du die Website weiterhin nutzt, stimmst du der Verwendung von Cookies zu.
    Weitere Informationen, beispielsweise zur Kontrolle von Cookies, findest du hier: Cookie-Richtlinie
    %d Bloggern gefällt das: