Orte respektvoller Begegnung
„Gedanken“-Vorbemerkungen:
Woran erkennen wir einen glücklichen Menschen? z.B. an seinen/ihren „leuchtenden Augen“. Kann das gemessen oder in der Schule benotet werden? Nein. Und dennoch gibt es in der Steiermark seit 2009 an einigen öffentlichen Schulen das „Lebensfach“- Glück macht Schule und in Wien einen Verein mit dem gleichen Namen. (Glück macht Schule) Das Ziel ist nicht neu: Kinder sollen gerne in die Schule gehen.
„Die Glücksforschung liefert Hinweise darauf, dass die Lebenszufriedenheit der Menschen unmittelbar mit ihren Möglichkeiten zur demokratischen Mitsprache und politischen Teilnahme zusammenhängen.“ (aus Hartmut Rosa: „Resonanz – Eine Soziologie der Weltbeziehung“, S.369) und weiters heißt es: „Wer in Ländern mit umfassenden demokratischen Institutionen lebt, ist …mit seinem Leben wesentlich zufriedener. Der „Glückseffekt“ der Demokratie ist somit erheblich“
Letztlich entscheidend für das Gefühl des Glücks oder (weniger pathetisch) das Wohlfühlen ist jedoch gemeinsames Handeln, das auf wechselseitigem Respekt beruht.
Erste Erfahrungen mit Gemeinschaften außerhalb der Familie machen Heranwachsende bekanntlich in den Kindergärten. Dann folgen Bildungswege, bei denen die Phasen des Glücksgefühls meist weit unterhalb der Möglichkeiten liegen. Geschuldet einem öffentlichen Schulsystem, das zunehmend die anfängliche Freude am Lernen hemmt statt fördert. (Das begründet Hartmut Rosa beeindruckend im Abschnitt „Schule als Resonanzraum“, S.402-420)
Für unseren Bezirk mit einer relativ großen Zahl von sogenannten „bildungsfernen Schichten“ ist die Feststellung bedeutsam, dass sich Schule „vorwiegend als Entfremdungszonen präsentiert, in der sich die Kinder nichts sagen lassen, in der sie aber auch nichts anspricht.“ „Das gegenwärtige Bildungs- und Schulsystem führt zu einer massiv ungleichen Ressourcenverteilung, weil es Kindern aus benachteiligten Schichten systematisch wesentliche Resonanzachsen versperrt“
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Infos zum Begriff „Resonanzachsen“:
Als „horizontale Resonanzachsen“ beschreibt Hartmut Rosa die „Familie als Resonanzhafen in stürmischen Zeiten“, die Freundschaft und die Politik.
„Diagonale Resonanzachsen“ sind Objekte, Arbeit, Schule und Sport&Konsum.
„Vertikale Resonanzachsen“ sind Religion, Natur, Kunst und Geschichte.
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„Gedanken-Kern“:
Wie viele Menschen im „Triesterviertel“ sind (manchmal mehr, manchmal weniger) glücklich? Sind sie selber (oder ihre Kinder) mit leuchtenden Augen in der Schule gesessen, leben im „Resonanzhafen Familie“, haben verlässliche Freundschaften und engagieren sich vielleicht sogar für den Erhalt unserer Demokratie?
Leider muss ich davon ausgehen, dass es nicht allzu viele BewohnerInnen im „Triesterviertel“ gibt, die hier im beschriebenen Sinn leben. Und dass die meisten bei Wahlen abgegebene „Stimmen“ im buchstäblichen Sinn nicht mehr erklingen, sie zu „stummen Stimmen“ geworden sind. Wie könnte sich aber auch in unserem Grätzl bzw. in Favoriten „der Glückseffekt“ und damit auch die Bereitschaft zur Mitwirkung am öffentlichen Dialog verbessern?
Dazu wieder ein Vergleich aus „Resonanz“: „Begreift man den demokratischen Prozess…als Musik, bedeutet er die fortgesetzte Modulation und Moderation der kollektiven Weltbeziehung sowie der eigenen Rolle darin. Demokratie wird dann zu einer lebendigen Resonanzsphäre, in der die Menschen sich hörbar machen, aber durch den „Gesang“ der anderen auch erreicht und transformiert werden. „Die Musik sozialer Bewegungen setzt neue Energien einer resonanten Zivilgesellschaft frei und macht sie hörbar… In ihrem Modus von Frage und Antwort verbinden sich Individualität und Gemeinschaft… sodass sie zum Spiegel demokratischer Prozesse wird.“ (S.367)
Diese beeindruckenden Texte aus dem Buch des Soziologen Hartmut Rosa über die große gesellschaftliche Bedeutung von „Resonanz“ führen bei mir zu einer Hoffnung:
Könnten nicht auch an unserer Volkshochschule vermehrt Referate und Diskussionen zu gesellschaftlich bedeutsamen Themen stattfinden z.B. zu Themen wie Bildung, BürgerInnenbeteiligung oder Gesundheit?
In Folge wäre es sinnvoll, wenn sich auch in anderen Teilen Favoritens interessierte BewohnerInnen zu manchen Themen austauschen könnten. Abgesehen von verschiedenen geeigneten Räumen (ohne Konsumzwang) würde sich dafür im östlichen Favoriten auch die bestehende VHS-Außenstelle im Olof-Palme-Hof gut eignen.
Denkbar wären bei der Triesterstraße Ecke Quellenstraße/Knöllgasse auch jene Räumlichkeiten, wo sich derzeit noch die Jugendeinrichtung „SpaceLab“ befindet. Dort könnte mit genügend politischem Wollen (und Budget) von Seiten der neuen Stadtregierung nach der absehbaren Übersiedlung von SpaceLab z.B. eine weitere kleinere Außenstelle der VHS-Favoriten eingerichtet werden. Es würde dann die Chance bestehen, dass unser „Triesterviertel“ neben „Ankerbrotgründen“ Hauptbahnhof, „Monte Laa“,„Sonnwendviertel“ und „Therme Oberlaa“ ebenfalls öffentlich zur Kenntnis genommen wird und sich hier sogar ein „Resonanzhafen Triesterviertel“ entwickeln könnte.
„Gedanken“-Beiträge zu ähnlichen Themen:
https://fritzendl.wordpress.com/2014/07/26/heinz-berger-wien-braucht-mehr-demokratie/
https://fritzendl.wordpress.com/2013/05/31/marktplatzgesprach-als-alternative-zum-biertischgeraunze/
https://fritzendl.wordpress.com/2017/03/31/das-wiener-bildungsgraetzl/
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Zum Inhaltsverzeichnis aller bisher veröffentlichten Beiträge: http://www.dorfwiki.org/wiki.cgi?Triesterviertel/GedankenInhaltsVerzeichnis